Vorschlag für ein neues Wertungssystem
Verfasst: Mi 23. Okt 2024, 14:23
Eine neue Initiative für eine gerechtere Bewertung unterschiedlicher Typen von Remis hat kürzlich der namhafte slowenische Physiker Venceslav Rutar gestartet. Am 2. und 3. September trugen die FIDE-GMs Sam Shankland und Surya Ganguly ein Match über 8 Schnellpartien mit einem Wertungssystem aus, das auch (und ganz besonders) für das Fernschach interessant ist. Rutars Grundidee ist, dem Spieler, der bei einem Remis über einen Materialvorteil verfügt (das nennt der „favoured draw“) mehr Punkte zu geben als seinem Gegner.
Gewertet wird:
Sieg = 5 Punkte
Remis mit Materialvorteil = 3 Punkte
Remis bei Materialgleichstand = 2 Punkte
Remis mit Materialnachteil = 1 Punkt
Niederlage = 0 Punkte
Über dieses erste Match, das Ganguly gewann, und über den gesamten Hintergrund gab es ausführliche Berichte bei ChessBase (leider nur auf Englisch):
https://en.chessbase.com/post/ganguly-shankland-match-2024-preview
https://en.chessbase.com/post/ganguly-shankland-match-2024-final-report
Angesichts der knappen Bedenkzeit von 15 Minuten (pro Partie) + 5 Sekunden (pro Zug) war die Fehlerquote relativ hoch und die Tagesform entscheidend, so dass es nur 3 Remis (bei Materialgleichstand) gab. Ganguly (Rapid-Elo 2585) gewann 4 Partien, Shankland (Rapid Elo 2618) nur eine. Dennoch meinten beide Spieler, dass das Werungssystem sie sehr beeinflusst hatte und sie es sehr interessant fanden, offen für weitere Experimente, die tatsächlich auch schon in Vorebreitung sind.
Ich stehe mit Venceslav Rutar seither im Email-Austausch und habe ihm (sowie einigen FIDE-GMs) die große Bedeutung seines Ansatzes für das Fernschach erläutert, wobei ich persönlich auch einige Modifikationen zumindest fürs Fernschach vorschlage, denen er weitgehend offen gegenüber steht, zumal es zunächst darum geht, Erfahrungen zu sammeln und Dinge auszuprobieren.
Meine Modifikationen zielen darauf ab, dass der Materialwert für Eröffnung und Mittelspiel keine zu große Rolle spielen soll und daher hauptsächlich im Endspiel (quasi als eine Art 'Tiebreaker') zur Geltung kommen soll, wenn das Spiel sozusagen ausgereizt ist.
Daher sollte gelten:
1. Patt wird immer 3 : 1 oder 1 : 3 (als Pattsieg oder Pattniederlage) gewertet
2. Ewiges Schach zählt immer 2 : 2.
3. Remis vor dem 40. Zug durch Vereinbarung oder dreimalige Stellungswiederholung zählt 2 : 2.
(Natürlich wirkt der Materialaspekt in gewissem Maße trotzdem auf Eröffnung und Mittelsüiel ein, aber etwas gedämpft.)
Ich stelle das zur Diskussion und hoffe, dass es sehr bald im Rahmen von BdF und ICCF zu Testläufen kommt, natürlich ungewertet und womöglich mit reduzierter Bedenkzeit, um schnell Erfahrungen zu sammeln.
Meines Erachtens kann das (modifizierte) Rutar-Wertungssystem neue Anreize im Fernschach schaffen und die gegenwärtige Lähmung durch zu viele Turniere, die in toten Rennen enden, aufheben.
Viele Grüße
Arno Nickel
p.s. Auf diesen Beitrag wird von mir auch an anderer Stelle (Thema: Mitgliederversammung am 9.11.) hingewiesen.
Gewertet wird:
Sieg = 5 Punkte
Remis mit Materialvorteil = 3 Punkte
Remis bei Materialgleichstand = 2 Punkte
Remis mit Materialnachteil = 1 Punkt
Niederlage = 0 Punkte
Über dieses erste Match, das Ganguly gewann, und über den gesamten Hintergrund gab es ausführliche Berichte bei ChessBase (leider nur auf Englisch):
https://en.chessbase.com/post/ganguly-shankland-match-2024-preview
https://en.chessbase.com/post/ganguly-shankland-match-2024-final-report
Angesichts der knappen Bedenkzeit von 15 Minuten (pro Partie) + 5 Sekunden (pro Zug) war die Fehlerquote relativ hoch und die Tagesform entscheidend, so dass es nur 3 Remis (bei Materialgleichstand) gab. Ganguly (Rapid-Elo 2585) gewann 4 Partien, Shankland (Rapid Elo 2618) nur eine. Dennoch meinten beide Spieler, dass das Werungssystem sie sehr beeinflusst hatte und sie es sehr interessant fanden, offen für weitere Experimente, die tatsächlich auch schon in Vorebreitung sind.
Ich stehe mit Venceslav Rutar seither im Email-Austausch und habe ihm (sowie einigen FIDE-GMs) die große Bedeutung seines Ansatzes für das Fernschach erläutert, wobei ich persönlich auch einige Modifikationen zumindest fürs Fernschach vorschlage, denen er weitgehend offen gegenüber steht, zumal es zunächst darum geht, Erfahrungen zu sammeln und Dinge auszuprobieren.
Meine Modifikationen zielen darauf ab, dass der Materialwert für Eröffnung und Mittelspiel keine zu große Rolle spielen soll und daher hauptsächlich im Endspiel (quasi als eine Art 'Tiebreaker') zur Geltung kommen soll, wenn das Spiel sozusagen ausgereizt ist.
Daher sollte gelten:
1. Patt wird immer 3 : 1 oder 1 : 3 (als Pattsieg oder Pattniederlage) gewertet
2. Ewiges Schach zählt immer 2 : 2.
3. Remis vor dem 40. Zug durch Vereinbarung oder dreimalige Stellungswiederholung zählt 2 : 2.
(Natürlich wirkt der Materialaspekt in gewissem Maße trotzdem auf Eröffnung und Mittelsüiel ein, aber etwas gedämpft.)
Ich stelle das zur Diskussion und hoffe, dass es sehr bald im Rahmen von BdF und ICCF zu Testläufen kommt, natürlich ungewertet und womöglich mit reduzierter Bedenkzeit, um schnell Erfahrungen zu sammeln.
Meines Erachtens kann das (modifizierte) Rutar-Wertungssystem neue Anreize im Fernschach schaffen und die gegenwärtige Lähmung durch zu viele Turniere, die in toten Rennen enden, aufheben.
Viele Grüße
Arno Nickel
p.s. Auf diesen Beitrag wird von mir auch an anderer Stelle (Thema: Mitgliederversammung am 9.11.) hingewiesen.